Wie medial häufig berichtet, sind neben Depressionen und Angststörungen insbesondere Essstörungen in der Pandemie stark angestiegen. Auch in meiner Praxis erreichen mich mehr und mehr Anfragen aus diesem Bereich. Was jedoch sind die Gründe dafür, dass Jugendliche ausgerechnet an Essstörungen erkranken?
In diesen unsicheren Zeiten, unwissend was von Monat zu Monat geschieht und sich auf unterschiedliche Lebensbereiche auswirkt, kann rasch ein Gefühl von Hilflosigkeit entstehen. Indem wir uns Kontrolle verschaffen, können wir dem entgegenwirken. Aufgrund beschränkter Möglichkeiten Jugendlicher kann die Kontrolle sich auf das Essverhalten oder Gewicht beziehen. Die mit der Pandemie verbundenen Emotionen werden oftmals im Elternhaus nicht aufgefangen, bisherige Arten der Emotionsregulation können nicht länger angewendet werden. Übrig bleiben im ungünstigen Fall schädliche Arten, mit aufkommenden Gefühle umzugehen wie Essanfälle und Erbrechen oder überhaupt die Unterdrückung der Gefühlswelt mittels Hungern. Die zahlreichen Lockdowns, das Homeschooling sowie der Aufruf zur Eindämmung des sozialen Lebens haben zur Reduktion von Kontakten mit der Peergroup beigetragen. In der Konsequenz messen sich Jugendliche weniger mit Gleichaltrigen im echten Leben. Stattdessen finden sie sich in Vergleichen mit Vorbildern sozialer Medien wieder -welche sie durch die frei gewordene Zeit häufiger konsumieren. Diese bieten darüber hinaus eine Vielfalt an Ernährungs- und Fitnessratschlägen, die einen vermeintlich gesunden Lifestyle propagieren. Aus jener Beschäftigung heraus gepaart mit der Suche alternativer Freizeitmöglichkeiten, wird vielerorts mehr Sport betrieben, was zunächst positiv assoziiert wird, in extremen Fällen jedoch mit einer Sportsucht oder Essstörung einhergehen kann.