Ein Großteil der PsychologiestudentInnen entscheidet sich für jene Richtung mit folgender Absicht: Ich möchte Menschen helfen! Eine soziale Ader und Empathiefähigkeit sind wesentliche Faktoren für die Arbeit als Klinische(r) PsychologIn bzw. PsychotherapeutIn. Jedoch sind gewisse Grenzen eine notwendige Voraussetzung für die Ausübung dieser Berufe. Tagtäglich sind wir mit belastenden Themen verschiedener Individuen konfrontiert, die uns berühren. Würden wir diese ungefiltert aufsaugen, wäre unsere Arbeit zum Scheitern verurteilt. Insofern ist es ratsam, sich früh in der Berufswahl im Sinne von Selbstversuchen (z.B. in Form von Praktika) damit auseinanderzusetzen, ob eine Abgrenzungsfähigkeit gegeben ist. Denn obwohl sich diese verbessern lässt, ist doch eine gewisse Basis notwendig.
Gleichgültig dessen, wie gut die Abgrenzung in der Regel funktioniert, kann und darf es Ausnahmen geben. Sind Behandler im privaten Umfeld mit ähnlichen Themen konfrontiert bzw. haben diese noch nicht ausreichend bearbeitet, kann dies zum Problem werden. Anders als bei Maschinen, lässt sich die Betroffenheit nicht immer ausschalten und die wesentliche Objektivität der Arbeit wird angegriffen -die sie von freundschaftlichen Beziehungen unterscheidet. Insofern bitte ich alle Behandler darum, diesen Aspekt immer wieder aufs Neue zu reflektieren und im etwaigen Fall notwendige Schritte einzuleiten. Es ist keine Schande, wenn die Abgrenzung bei gewissen Thematiken aussetzt, jedoch ein großes Versäumnis, die Augen davor zu verschließen.